Hier finden Sie die ausführliche Beschreibung unserer Arbeit. Die kurze Information über die wesentlichen Punkte finden Sie unter:        Was, Für wen, Wozu, Wir sind für Sie da

 

Grundlegende Aspekte

Wir sind seit dem Jahr 2000 ein Verein, der sich mit folgenden Zielen gegründet hat:

  • Schaffung eines Raumes für Männer, die aus eskalierten Situationen ihren Lebensort für eine gewisse  Zeit wechseln wollen oder sollen.
  • Realisierung einer Entscheidungsmöglichkeit für Männer, selbst für sich zu sorgen, die Verantwortung  für sich selbst und die eigenen Handlungen zu übernehmen.
  • Männern einen Ort zu bieten, an dem ihnen ohne tradierte Vorurteile begegnet wird. Einen Ort, an dem sie ohne Vorleistung als Menschen angenommen werden.
  • Eine Gelegenheit, die eigene Beziehungsfähigkeit in einem wohlwollenden Umfeld erleben zu können, in die Tat umzusetzen.
  • Ein Experiment zu starten, in dem wir als Männer zeigen, dass es gelingen kann, ein soziales Projekt von Männern für Männer umzusetzen.
  • Die Anwendung des systemischen Gedankens, dass eine Veränderung an einer Stelle (in diesem Fall der kurzfristigen Möglichkeit für Männer Verantwortung in einer neuen Form für sich übernehmen zu  können) das gesamte (Familien-)System beeinflusst.
  • Eine Chance auf Vorsorge für die Männer zu realisieren, die aufgrund von strukturellen Problemen in  unserer Gesellschaft in Bedrängnis geraten.

Wir sind Männer, die jahrelange Erfahrungen in dieser Arbeit haben. Die meisten von uns sind  hauptberufliche in sozialen Einrichtungen tätig – im Verein arbeiten wir ehrenamtlich.

Da wir uns nur an Männer in Krisensituationen wenden, arbeiten bei uns im Verein auch nur Männer.   So erreichen wir die Klarheit für die Hilfesuchenden, dass sie wissen wer sie erwartet. Ansonsten  empfehlen wir selbstverständlich auch Unterstützungsangebote unabhängig vom Geschlecht. Wir freuen  uns, dass es viele Frauen gibt, die unsere Arbeit schätzen und aktiv unterstützen.

Wir erhalten von unserem Vermieter – der GSG – eine großzügige Unterstützung. Ansonsten könnten wir  diese Zwischenstation nicht so günstig anbieten und würden vielen Männern den Zugang zu dieser  Unterstützung verwehren. Die Stadt Oldenburg hat sich in den mehr als fünfzehn Jahren unseres  Bestehens nicht bereit erklärt, dieses Projekt zu unterstützen. (siehe unsere Arbeit)

 

Ist die Wohnung der Männer-Wohn-Hilfe e.V. ein Männerhaus?      Jein!

Ja
Die Wohnung erfüllt für Männer eine ähnliche Funktion wie die Frauenhäuser für Frauen. Wir bieten  Männern kurzfristig die Möglichkeit sich räumlich zu trennen und dabei menschenwürdig unterzukommen. Wir bieten den Männern Beratung und Unterstützung.

Die Männer sind durch den Abschluss des Nutzungsvertrages in der Lage ihre Autonomie wiederher-zustellen, dazu gehört: eine Adresse angeben zu können oder anonym zu wohnen, sowie sich selbst gut  versorgen zu können.

 

Nein
Die gesellschaftliche Situation von Männern ist völlig anders als die Situation von Frauen,  insbesondere  wenn die Aspekte Beziehung, Unterstützung, Erfahrungen mit Gesprächen über Gefühle, Gewalt oder dem Bewusstsein Opfer geworden zu sein, betrachtet werden. Deswegen verzichten wir darauf zwischen Opfer und Tätern zu unterscheiden und nehmen jeden Mann auf, der gewalttätiges Verhalten ablehnt.

Wir erhalten keinerlei kommunale oder andere staatliche Zuschüsse oder Unterstützungen und arbeiten  deswegen ausschließlich ehrenamtlich. Aufgrund dessen können wir auch nur Männer aufnehmen, die in  der Lage sind, ihren Alltag eigenverantwortlich zu gestalten.

Bei uns stehen die konkrete Unterstützung und die Hilfe zur Selbsthilfe am Anfang. Die Männer bestimmen den Umfang der Beratung. Die Männer schließen mit uns einen Nutzungsvertrag und können  über die Wohnung so verfügen, als ob es ihre eigene wäre (Anwesenheit, Besuch etc.).

Wir verstehen unser Angebot nicht als Konkurrenz oder Gegenentwurf zu Frauenhäusern, sondern als  einen Anfang für den Ausbau eines Unterstützungssystems für Männer, die sich in persönlichen Krisen  befinden.

 

Wer sich für unseren gedanklichen „Überbau“ interessiert, ist hier an der richtigen Stelle:

Konzept der Mitmännlichkeit
entwickelt durch die Erfahrungen mit den Männern, die bei uns gewohnt haben

Die Haltung und die Arbeit der Männer-Wohn-Hilfe e.V. ist durch das humanistische Menschenbild und das  systemische Denken und Handeln geprägt.

Krisenhafte Entwicklungen sind unserem Verständnis einer dynamischen Gesellschaft immanent. Sie  gehören selbstverständlich zu persönlichen Entwicklungen und lebendigen Partnerschaften. Männer, die  solche Situationen als nicht mehr aushaltbar erleben oder Männer, deren Partner* es nicht mehr mit ihnenaushalten wollen, können mit Unterstützung der Männer-Wohn-Hilfe e.V. den aktuell als unpassend erlebten Rahmen verlassen.

Sie betreten in der Männer-Wohn-Hilfe einen Raum, in dem andere Männer mit ihnen in Beziehung treten,  die sowohl annehmend als auch konfrontierend gestaltet ist. Annehmend als Mensch ohne vorherige  Leistungsanforderung und konfrontierend im Sinne der Einhaltung getroffener Absprachen und Vereinbar-ung bezüglich der Wohnung, des Aufnahmegesprächs und der weiteren Abmachungen.

Den stark vereinfachten „gesellschaftlichen“ Rollenerwartungen an Männer (s.u.) stellen wir in der persön-lichen Beratung der Bewohner Sichtweisen des systemischen Beratungsansatzes gegenüber. Dort wird Ver-halten, dass die Männer selbst, ihre Partner* oder das soziale Umfeld als „problematisch“ erleben, als ist
ein Lösungsversuch verstanden.

Wir glauben, dass alle Menschen versuchen ihrem Leben einen Sinn zu geben und sich entsprechend zu
verhalten. Diesen Ansatz haben wir konsequent auf die Verhaltensweisen von Männern angewendet, deren Verhalten häufig als „unangemessen“ kategorisiert wird.

 

Die Arbeitsweise von Mitmännlichkeit mit den gesellschaftlichen Zuschreibungen von Männern 

„Männer sind Täter, keine Opfer.“ 

Das Gebot nicht verlieren zu dürfen, ist ebenso absurd, wie es fest in der allgemeinen Wahrnehmung von Männern verankert ist. Männer sind demnach eben keine Opfer, sondern ggf. Verlierer oder Schwächlinge. Dies wird als weitere Demütigung, Beschämung erlebt.

Deshalb versuchen wir diesen Aspekt von uns aus nicht anzusprechen. (Außer wir würden einen Täter er-leben, der die Verantwortung für sein gewalttätiges Handeln nicht übernimmt) Ansonsten achten wir die
eigene Sichtweise der Männer, die bei uns Hilfe suchen, auf sich selbst.

Die implizierte Gegensätzlichkeit von Täter und Opfer ist aus unserer Sicht eine unzulässige Vereinfachung. Täter und Opfer in sozialen Beziehungen haben oft eine lange Geschichte gegenseitiger Beeinflussung.

Für uns ist wichtig, wie ein Mann zukünftig seine Verantwortung gestalten will.

Sich als Opfer zu sehen, kann unter Umständen ein erster Schritt in die Wahrnehmung von Verletzbarkeit
und Integration solcher Erfahrungen sein. Wer sich nicht als Opfer definiert, wird deshalb nicht als solches behandelt.

Aufgrund dessen haben wir entschieden, das „Opfer-Sein“ nicht als Aufnahmebedingung zu nehmen.

Die autonome Entscheidung: „Ich halte es nicht mehr aus!“ reicht für die Aufnahme bei der Männer-Wohn-Hilfe e.V. aus. Prävention von Gewalt wird so leichter möglich.

„Männer sind aggressiv.“ 

Durch unseren Nutzungsvertrag entsteht ein Raum der Klarheit der Erwartungen. In diesem kann dann
eine Beziehung „auf Augenhöhe“ entstehen. Wir forcieren diese durch die wöchentlichen Besuche.

Im systemischen Sinne arbeiten wir gemeinsam an dem „Dritten“: der Überwindung der aktuellen Belast-ung und dem Auszug in eine veränderte Lebenssituation.

Aggressivem oder gewalttätigem Verhalten zum vermeintlichen Schutz der Autonomie oder zur Ablenkung von anderen, als Bedrohung erlebten Fakten, wird durch die Arbeit am gemeinsamen Ziel offensichtlich gut vorgebeugt.

 

„Männer haben keine Gefühle.“ 

Es gibt keinen Grund zu glauben, dass Männer keine Gefühle haben. Das Patriarchat hat vom „traditionellen“ Mann gefordert, diese zu unterdrücken.

Menschen zeigen am ehesten dort Gefühle, wo sie sich sicher fühlen. Wo sie wahrnehmen, dass sie gesehen werden, wo sie vermuten, dass ihr Gegenüber sie versteht und mit ihren Gefühlen umgehen kann.

Entsprechend bieten wir mit den Männern eine Situation, in der sie sich möglichst autonom und sicher ver-halten können.

Deshalb sind bei uns nur Männer in der Begleitung tätig, um die Entstehung der Idee „hier könnte ich ver-standen werden“ zu erleichtern. Es gibt keine „Zwangsberatung“ sondern einen eindeutigen Vertrag zur
Nutzung der Wohnung. Beratung geschieht auf Wunsch der Männer.

 

„Männer sprechen nicht über Versagen, Verlust oder Ängste.“ 

Das Vertrauen für ein Gespräch über einer solche Themen wird leichter, wenn das Gegenüber als Mann
deutlich zu erkennen geben kann, dass solche Erfahrungen alltäglich sind.

Die Hierarchielosigkeit des systemischen Ansatzes schafft es, Kompetenz und Macht zu entkoppeln, was für einen autonomen Lösungsprozess notwendig ist. Eigene Lösungen zu finden ist hoch attraktiv.

Gab es Lebensbereiche vor der „Krise“, wo Ausdruck von Schwäche und Verletzbarkeit positiv bewertet
wurden?

 

„Männer haben keine Probleme, sie lösen sie.“ 

Diesen zentralen Aspekt traditioneller Männlichkeit halten wir für einen guten Schutz. Der Glaube an die
Selbstwirksamkeit ist eine gute Ausgangsbasis für die Bewältigung von Problemen. In diesem Sinne ver-suchen wir mit den Männern möglichst konkrete Handlungsalternativen zu entwickeln.

Die Bereitstellung der Wohnung für sie ist in diesem Sinne eine erste Möglichkeit dafür. Durch diese Hal-tung wird paradoxerweise ein Raum geschaffen, der Reflexionen über den Zwang zum Erfolg ermöglicht.

So haben die Männer Zeit und Raum sich selbst zu organisieren.

 

„Männer sorgen nicht für sich selbst.“

Die meisten Bewohner haben zumindest gelernt zu überleben. Weiterungen in Richtung für ein gutes,
genussvolles, gesundes oder sonst ein Leben sind in der Wohnung möglich.

Dadurch, dass wir nur Männer aus Oldenburg aufnehmen, werden die sozialen Bindungen geschützt und
die Männer haben die Gelegenheit im Laufe des Aufenthalts zu entscheiden, welche Beziehungen sie in
welcher Weise fortführen wollen.

 

„Männer sehen keinen Dreck und keine Unordnung.“ 

Die meisten Männer konnten ihre Fähigkeiten diesbezüglich unter Beweis stellen oder sie verbessern. Ziel war hier nicht „Funktionieren“, sondern die eine positive Sorge für sich selbst. Durch die hohe Eigenverant-wortlichkeit können die Männer in der Wohnung erleben, was ihnen guttut. In einem gewissen Maß achten wir auf die Einhaltung von Mindeststandards. Dies besonders vor diesem Hintergrund, dem Respekt vor
den individuellen Kompetenzen und als Idee der Weiterentwicklung.

 

„Ein Mann ist ein Mann, wenn er sich so verhält.“ 

Mitmännlichkeit als grundsätzliche Annahme der Person, setzt einen grundlegenden Mechanismus traditio-neller Männlichkeit außer Kraft: Die Männer müssen ihre Daseinsberechtigung nicht verdienen. Für sie oft überraschend erleben sie bei uns, dass ihre Würde geachtet, sie in ihrer Verletzbarkeit geschützt werden.

Von dieser sicheren Basis aus, können die Männer, die zu uns kommen, sich ihren eigenen Fragen stellen.
Ein sicherer Rahmen, in dem dann auch Unsicheres, Weiches möglich werden kann.

 

„Männer gehen rücksichtslos mit sich um.“ 

Durch unser Angebot bieten wir eine Öffentlichkeit, die es den vermeintlichen Ausnahmen ermöglicht
wahrgenommen zu werden. Männer können sich „freiwillig“ melden. Männer können auf sich und andere
achten, einen verantwortungsvollen Weg gehen.

In dem Raum für eigene Anliegen wird es für sie leichter möglich, bisherige Erfahrungen zu integrieren.

Es könnte eine Frage an die Gesellschaft sein, wo sie es ermöglicht, dass Männer mit ihren normalen Pro-blemen oder sogar mit guten Lösungsansätzen positiv wahrgenommen werden können.

Die bisherige Aufmerksamkeit galt oft den rücksichtslosen Vorbildern mit ihren „soldatischen“ Qualitäten.
So verstehen wir unser Angebot ein Baustein für die Abschaffung des Patriarchats. Insofern haben wir uns auch schon immer an das soziale Geschlecht Mann gewendet. Es ging und geht uns mit unserem Angebot darum, auf die besondere gesellschaftliche Situation von Empathielosigkeit, der Vorenthaltung von Unter-stützung in menschlichen Krisen und der Negierung von Leiden zu reagieren.

 

Tätigkeitsbericht 2022
Zum Download